Veranstaltung: | Kommunalwahlprogramm 2019 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KVM Potsdam |
Beschlossen am: | 16.02.2019 |
Eingereicht: | 05.03.2019, 21:46 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Klimaschutz fängt vor Ort an!
Text
Die KLimakrise verändert die Welt, in der wir leben, entscheidend. Sie hat
vielfältige Auswirkungen auf Natur, Gesellschaft und Wirtschaft und damit auch
auf unser tägliches Leben. Erschreckende Beispiele, wie tauende Gletscher,
verändertes Verhalten von Zugvögeln, Artensterben, Dürresommer, Waldbrände,
Flutkatastrophen, Orkanbildungen oder veränderte Jahreszeiten sind bereits die
ersten Vorboten.
Auch in unserer Region Berlin-Brandenburg haben die klimatischen Veränderungen
schon erhebliche Auswirkungen. Sommerliche Dürreperioden, großflächige
Waldbrände und sinkende Grundwasserstände, gehen einher mit Orkan- und
Starkregenereignissen, die auch zu erheblichen Veränderungen von Flora und Fauna
führen.
Die Pariser Klimaschutzziele können wir nur erreichen, wenn wir auch auf
kommunaler Ebene alle geeigneten Maßnahmen unverzüglich und konsequent umsetzen.
Potsdam hat das Potential, zu einer Modellkommune für lokalen Klimaschutz zu
werden. Daran wollen wir gemeinsam in einem breit angelegten Bündnis aus
Bürger*innen, Verwaltung, kommunalen Unternehmen und lokaler Wirtschaft
arbeiten.
Zukunftsweisende Mobilität, energieeffiziente Gebäude und intelligente
Energieversorgungseinrichtungen und -netze müssen das Wachstum der Stadt Potsdam
nachhaltig gestalten. Mit innovativen Technologien können auch Potsdamer
Stadtplaner*innen die Stadt umweltfreundlicher machen, ihr eine höhere
Lebensqualität bieten und dabei Kosten sparen.
Dafür machen wir uns stark:
- die bereits von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen
Klimaschutzziele müssen konsequent weiterverfolgt werden (20 % CO2-
Reduzierung bis 2020 und mittelfristige Erreichung der Klima-
Bündnisvorgabe von 2,5 t CO2 pro Einwohner):- Ausbau der regenerativen Energien im Stadtgebiet im Einklang mit
Natur und Denkmalschutz; - Klimatische Ausgleichsfunktion durch konsequente Erhaltung von Grün-
und Waldflächen, um z.B. den Luftaustausch bei sommerlicher
Wärmebelastung zu gewährleisten; - Renaturierung, Sicherung und nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern
und Niedermooren; - Sofortige Umsetzung der Maßnahmen mit großem CO2-
Reduktionspotenzial; - Transparanter, öffentlicher Überblick über den aktuellen Status
sowie des Zeitplans zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen des
Masterplans 100% Klimaschutz Potsdam (z.B. in einem Online-Portal).
- Ausbau der regenerativen Energien im Stadtgebiet im Einklang mit
- konsequente Weiterverfolgung des Weges zur 100% Masterplan-Kommune
Klimaschutz bis 2050 mit allen Mitteln, die der Landeshauptstadt als
vorbildlicher Akteuer zur Verfügung stehen, vor allem:- energetische Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung;
- Modernisierung des Flottenbestandes mit dem Ziel, die Abgas- und
Emissionswerte soweit wie möglich zu senken - Dachbegrünung kommunaler Liegenschaften prüfen und nach Möglichkeit
realisieren; - mit jedem einzelen kommunalen Unternehmen entsprechende Ziele und
Maßnahmenkataloge für das jeweilige Unternehmen erarbeiten und
verbindlich vereinbaren.
Nachhaltige Bauleitplanung als Bündelung der
Fachplanungen
Die Bauleitplanung ist ein elementarer Bestandteil der kommunalen
Selbstverwaltung. Baugesetzbuch, Naturschutzgesetz, Raumordnungs- und
Landesplanungsgesetz geben dabei den Rahmen für eine nachhaltige
Siedlungsentwicklung vor.
Zum Klimaschutz sind bei der Siedlungsentwicklung auch energetische
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Kurze Wege, eine gute Anbindung an den
öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) sowie eine energetisch effiziente
Bauweise und Energieversorgung sind Elemente einer energieoptimierten
Siedlungsentwicklung.
Um die Anforderungen des Klimaschutzes in die Stadtentwicklung zu integrieren
und gesamtstädtisch einzubetten, bieten das integrierte Klimaschutzkonzept
Potsdams sowie das Maßnahmenpaket aus der Masterplan Kommune Klimaschutz gute
Voraussetzungen. Nun gilt es, hieraus eine verbindlichere „Energie- und
Klimaleitplanung“ zu entwickeln, mit der Schwerpunkte der Energieeinsparung und
der Energieversorgung formuliert werden, Zielkonflikte abgewogen und Synergien
hergestellt werden. Eine verbindliche "Energie- und Klimaleitplanung" kann eine
integrative und kommunikative Wirkung sowohl in Hinblick auf die gesamte
Stadtentwicklungspolitik, als auch auf die meist technisch ausgerichteten
Einzelmaßnahmen entfalten.
Die Abwägung der Umweltbelange ist auch in größerem Zusammenhang zu betrachten.
Potsdam ist Bestandteil des sogenannten engeren Verflechtungsraumes Berlin-
Brandenburg – einem wachsenden eng besiedelten Siedlungsraumes. Viele Erfolge
zur Klimaanpassung und Energieeffizienzsteigerung können insbesondere in
interkommunaler Zusammenarbeit erreicht werden: mit unseren Nachbarn, die oft
auch Potsdams Angebote nutzen, seien es z.B. die Verkehrsnetze, die nicht an der
Stadtgrenze enden, oder Hochschulen und Einkaufsmöglichkeiten.
Dafür machen wir uns stark:
- Alle Möglichkeiten der klimagerechten Bauleitplanung (Flächennutzungsplan
und Bebauungspläne) in die Planungen einbeziehen.
Anwendung des reformierten Städtebauinstrumentariums (z.B. Planungs- und
Sanierungsrecht für Klimabelange einsetzen, Quartierskonzepte statt
Individuallösungen präferieren, Voraussetzungen für KfW-Gebäudeförderung
nutzen).
- Parallel zur existierenden verbindlichen Bauleitplanung ist eine
Energieleitplanung als neues, dauerhaftes Planungsinstrument der Stadt zu
schaffen. Auch die Energieleitplanung muss soweit wie möglich
verbindlichen Charakter haben.
- Ausbau der Verbundstrategie mit klaren Zielvereinbarungen
zwischenkommunalen Unternehmen und der Stadt. Dazu soll ein
klimaschutzbezogenes Bonus-Malus-Systems bei der Vergütung von
Entscheidungsträgern eingeführt werden. Dabei ist der Energieverbrauch
sowie der CO2-Ausstoß sowohl bei den kommunalen Beteiligungen der
Landeshauptstadt Potsdam als auch in der Verwaltung deutlich zu senken und
über Zielvereinbarungen mit den jeweiligen Geschäftsführern sowie den
Geschäftsbereichen verbindlich festzulegen.
- Optimierung der energetischen Sanierung im Denkmalschutz und im UNESCO-
Welterbe.
- Bei der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen die technischen, baulich-
gestalterischen, ökonomischen, demografischen sowie ökologischen Ansprüche
an Gebäude, mit bewährten und innovativen technischen Lösungen im Sinne
der Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Nachhaltiges Bauen setzt eine
ganzheitliche Betrachtung eines Gebäudes voraus.
- Die regelmäßige Unterstützung energieeffizienter und ökologischer
Sanierungen von Gebäuden durch die Klimastadt Potsdam: Hierfür fordern wir
die Einrichtung eines Klimaschutzfonds (Klimaschutzstiftung), mit dem
höhere Investitionen für den Klimaschutz von Privatpersonen und
Unternehmen unterstützt werden können.
- Innovative, aufeinander abgestimmte Lichtsysteme für den Innen- wie
Außenbereich, die arbeitsaktives Licht mit hoher Wirtschaftlichkeit und
Umweltfreundlichkeit verbinden. Wir fordern dies mit dem beschlossenen
Lichtmasterplan für die Landeshauptstadt Potsdam umzusetzen: Moderne
Beleuchtung sollte eine positive Lichtatmosphäre schaffen, die
Lichtverschmutzung reduzieren und Energie sparen.
- Typologisierung von Stadtgebieten, um geeignete Maßnahmen zum Klimaschutz
individuell und passgenau umzusetzen. Je nach Siedlungsstruktur,
Einwohnerdichte, Versiegelungsgrad oder Heizwärmebedarf können
unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll und effizient sein.
Energieversorgung und Infrastruktur
Der städtische Strom- und Wärmerzeuger Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP)
muss so schnell wie möglich den mittel- bis langfristigen Umstieg auf 100 %
„Erneuerbare Energien“ (sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich) vollziehen.
Bei den bisher von der Stadtverwaltung benannten Umsetzungsschritten des
Maßnahmenpaktes zum Klimaschutzkonzept stehen erster Linie CO2 Reduktionen im
Vordergrund. Eine umzusetzende Energiestrategie hin zu 100% erneuerbaren
Energien ist jedoch nicht Bestandteil des Klimaschutzkonzeptes. Daher muss auch
der angestrebten Energiewende Rechnung getragen und konventionelle Energieträger
bis 2050 Schritt für Schritt durch erneuerbare Energien ersetzen werden.
Dafür machen wir uns stark:
- Rekommunalisierung der Energie und Wasser Potsdam (EWP).
- Systematische Erschließung des des Potenzials für Erneuerbare Energien in
der Strom- und Wärmeversorgung.
- Energie muss für alle Potsdammer*innen bezahlbar bleiben. Mit den
städtischen Unternehmen sind Maßnahmen zu vereinbaren, die Energiearmut
und Energieschulden vermeiden helfen und die auch Mieter*innen die
Möglichkeit eröffnet, regenerativ erzeugte Energie zu beziehen
(Mieterstrom und ähnliches).
- Senkung der Systemtemperaturen in der Fernwärme. Dazu ist das Potsdamer
Fernwärmenetz für dezentral gewonnene Erdwärme und Solarthermie zu öffnen,
um zu einem schrittweisen Übergang zur Energieerzeugung ohne Nutzung
fossiler Brennstoffe überzuleiten.
- Ausbau dezentraler Energieversorgungstrukturen.
- Alle städtischen Flächen und sonstigen Potentiale (z. B. jährliche
Sonneneinstrahlung, Windpotential) für Wind, Sonne, tiefe und
oberflächennahe Geothermie sowie Biomasse systematisch zu erfassen und die
Ergebnisse einer öffentlichen Planung für den Ausbau erneuerbarer Energien
zugrunde zu legen.
- Die Dachflächen städtischer Gebäude bieten ein riesiges, bisher
ungenutztes Potential zur Energiegewinnung mittels Solartechnik. Auch
Häuserfassaden können auf diese Art zur Energiegewinnung genutzt werden.
Nach dem Vorbild Berlins setzen wir uns für einen Masterplan Solarcity
ein, um das solare Potential zum Klimaschutz in Potsdam zu nutzen.
- Neuauflage der EWP-Energiestrategie mit genauen Maßnahmen- und
Umsetzungsschritten zur Zielerreichung der Masterplan Kommune 100%
Klimaschutz.
- Umsetzung und Fortführung der Beschlusslage zur aktiven Bürgerbeteiligung
an der EWP
Energieverbrauch von Gebäuden senken
Gebäude sind in Deutschland für 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich.
Damit bieten sie ein enormes Einsparpotenzial. Mit effizienten Technologien
lassen sich Strom- und Wärmeverbrauch und CO2-Emissionen von Gebäuden senken,
ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Bei bestehenden Gebäuden stehen den
einmaligen Kosten für die energetischen Modernisierungsmaßnahmen alljährliche
Einsparungen bei den Energiekosten und ein dauerhafter Anstieg des Wohnkomforts
und der Wohnbehaglichkeit gegenüber.
Dafür machen wir uns stark:
- Die Stadt Potsdam muss ihrer Vorbildfunktion bei allen Neubauvorhaben und
Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen ohne Abstriche gerecht werden.- Neubauten der Stadt und der städtischen Unternehmen müssen künftig
bei Wohngebäuden das Niveau eines Effizienzhauses 40 erreichen, und
bei Nichtwohngebäuden das Niveau eines Effizienzhause 55. - Die Modernisierung des städtischen Gebäudebestandes (inkl. der
Gebäude der städtischen Gesellschaften) muss auf einem hohen
Energieeffizienzniveau weiter vorangebracht werden. - Sowohl bei Neubauten als auch Gebäudemodernisierungen der Stadt soll
sie soweit wie möglich auf eine Wärmeversorgung mit Erneuerbaren
Energien setzen. In geeigneten Flächen sind gebäudeintegrierte
Solaranlagen der neuesten Generation zu realisieren, die als
Leuchtturm und Vorbild für private Bauherren dienen.
- Neubauten der Stadt und der städtischen Unternehmen müssen künftig
- In der Stadt gibt es vielfältige Wärmequellen, die für die erneuerbare
Wärmeversorgung von Gebäuden genutzt werden können, beispielsweise im
Abwassersystem. Bauherren soll es ermöglicht werden, diese Wärmequellen im
Rahmen des technisch Möglichen zu erschließen. Die Stadt und die
städtischen Unternehmen müssen hierfür die bislang ungenutzte Abwärme
öffentlicher Einrichtungen zur Verfügung stellen. Außerdem sollen
gewerbliche Abwärmemengen für die Fernwärmeversorgung in Potsdam
erschlossen werden.
- Hohe Effizienzstandards und der Einsatz Erneuerbarer Energien auch bei
kommunalen Gesellschaften mit baulichen Aufgaben, an denen die Stadt
Potsdam beteiligt ist, sollten für den Klimaschutz vorbildlich agieren.
- Wir fordern, dass die Stadt bei öffentlichen Baumaßnahmen verbindliche
Anforderungen für die Ökobilanz verwendeter Materialien bzw. gesamter
Gebäude definiert, die den gesamten Lebenszyklus (Herstellung, Bau,
Nutzung, Instandhaltung, Rückbau und Entsorung) berücksichtigen. Grundlage
dafür sollen etablierte Zertifizierungssysteme (z.B. das Deutsche
Gütesiegel Nachhaltiges Bauen) sein.
- Durch geeignete Anreizsysteme sollen auch private Bauträger zur Einhaltung
dieser Standards angehalten werden.
- Die Verwaltung soll die privaten Gebäudeeigentümer der Stadt durch
verbesserte Energieberatung (Stichpunkt Klimaagentur) dabei unterstützen,
ihre Gebäude energetisch vorbildlich zu modernisieren, um so ihren Beitrag
zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands zu leisten.