Veranstaltung: | Kommunalwahlprogramm 2019 |
---|---|
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KVM Potsdam |
Beschlossen am: | 16.02.2019 |
Eingereicht: | 05.03.2019, 21:55 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Wirtschaft und Arbeit entwickeln: zukunftfähig, nachhaltig, fair!
Text
Wirtschaftsverwaltung aus einer Hand
Potsdam braucht eine Neuorientierung seiner Wirtschafts- und
Innovationsförderpolitik. Es fehlt an einer übergeordneten
Entwicklungsstrategie, an einer Betreuung aus einer Hand („One-Stop“) für
interessierte Startups und Unternehmen, einem langfristigen
Gewerbeflächenmanagement und einem abgestimmten Marketing. Diese Aufgaben sind
derzeit über verschiedene institutionell-organisatorische Einheiten verteilt,
wie der Wirtschaftsförderung der Stadt, der Pro Potsdam, der GTZP oder dem
Standortmanagement in Golm. Sowohl potentielle Interessenten als auch die
Akteure selbst werden dadurch behindert, dass verschiedene Zuständigkeiten,
Verantwortlichkeiten und Dienstleistungen oft unkoordiniert und aneinander
vorbei agieren.
Dafür machen wir uns stark:
Bündnis90/Die Grünen werden sich deshalb für eine Neuordnung der Strukturen
einsetzen. Die Stadt soll als alleinige Gesellschafterin oder durch
Beteiligungen die wirtschaftliche Entwicklung Potsdams im Bereich der
wissenschafts-, technologie- und innovationsbasierten Gründerszene sowie der
klein- und mittelständischen Unternehmen unterstützen. So besteht die Chance,
beispielsweise den Wissenschafts- und Technologiepark Golm zu einem
erfolgreichen Motor qualitativen Wirtschaftswachstums mit hochwertigen,
umweltverträglichen Arbeitsplätzen zu entwickeln.
Nachhaltigen Einzelhandel und „sanften“ Tourismus stärken
Der lokale Einzelhandel ist für Potsdam nicht nur ökonomisch gesehen
unerlässlich, sondern auch entscheidend für das Stadtbild und die Lebens- und
Aufenthaltsqualität vor Ort. Daher wollen wir den Einzelhandel in den einzelnen
Stadtvierteln stärken.
Wir wollen die nachhaltige Weiterentwicklung eines sanften Tourismus fördern.
Dafür machen wir uns stark:
- die von den Grünen angestoßene Idee der Bewerbung von Potsdam um eine
Anerkennung als „Fair Trade City“ konsequent weiterzuverfolgen
- eine rechtssichere, für alle Seiten verträgliche Regelung zum Thema
verkaufsoffene Sonntage
- ein Angebot nachhaltiger Waren und Dienstleistungen für Bürger*innen und
Gäste Potsdams mit Förderung der Stadt, z.B. durch Unterstützung der
„Bürgerstiftung gegen Müllberge“ (Potspresso-Initiative) und von
Marktständen mit ökologischen Produkten
- als Umsetzung des Grünen Mobilitätskonzepts: die Neugestaltung der
Brandenburger Straße und Schaffung weiterer autofreier (Einkaufs-)Straßen
rings um die Brandenburger Straße, zugunsten von Radfahrer*innen,
Rollstuhlfahrer*innen, Menschen mit Kinderwagen und
mobilitätseingeschränkten Personen, zur Belebung der Innenstadt und damit
auch des Einzelhandels – bei gleichzeitiger Stärkung dezentraler, lokaler
Einzelhandelsangebote in den Stadtteilen
- die Entwicklung innovativer Konzepte für den Potsdamer Einzelhandel, die
zugleich die Nachhaltigkeit stärken, wie z.B. einen städtisch initiierten
lokalen Onlineshop für die Potsdamer Einzelhandelsgeschäfte, über den
ergänzend zum Einkauf in den Geschäften auch Onlinebestellungen möglich
sind; gerade für kleinere Geschäfte böte dies eine Chance in der
Konkurrenz gegen auswärtige große Online-Anbieter, und die Auslieferung
der Waren könnte in nachhaltiger Weise geschehen
- die Unterstützung von Wasserwandertourismus und Radverkehrstourismus, z.B.
durch Schaffung von Anlegeplätzen und Informationsmöglichkeiten. Auch
„sanfter“, nachhaltiger Tourismus schafft Arbeitsplätze!
Mehr Gewerbeflächen für innovative Betriebe schaffen
Über Jahrzehnte hinweg wurden in Potsdam Gewerbeflächen durch Wohnbebauung
zurückgedrängt. Die vorhandenen Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung
(„STEK-Gewerbe“ und Gewerbeflächensicherungskonzept), die diesem Trend
entgegenwirken, müssen mit Blick auf die Planungssicherheit auch Bestand haben
und konsequenter umgesetzt werden.
Gewerbeansiedelungspolitik sollte vor allem Anbieter zukunftsweisender
Technologien im Blick haben, die mit den wissenschaftlichen Einrichtungen
kooperieren möchten. In Potsdam besteht mittlerweile ein erheblicher Bedarf an
Gewerbeflächen, vor allem im Bereich wirtschaftsnaher Dienstleistungen und von
Betrieben mit Forschungs- und Mediennähe.
Dafür machen wir uns stark:
- Gewerbeansiedlungen auf stadtteilnahen Flächen, weil dies zusätzlichen
Verkehr vermeidet. Hierfür kann der neue Ansatz der Bauleitplanung
hilfreich sein, ein gemischt genutztes „urbanes Gebiet“ auszuweisen.
- Flächen- und Raumangebote speziell für Start-Ups aus Hochschulen - wie
beispielsweise bei „Go.In I“
- ein Förderprogramm auch für Startups der Kreativszene
- zusätzliche Vernetzungs- und Unterstützungsangebote, um Unternehmen auch
nach einer erfolgreichen Startphase an Potsdam zu binden
- Ausbau der Kooperationen mit den Umlandgemeinden für eine erfolgreichere
Wirtschaftsansiedlung (z.B. Ketzin Gewerbehof)
- ein städtisches Programm zur Förderung von Gründerinnen.
Dem Fachkräftemangel begegnen
Aktuell wohl das größte Problem für Potsdams Wirtschaft und Verwaltung ist der
zum Teil akute Fachkräftemangel. Eine Voraussetzung dafür, Fachkräfte zu
gewinnen und zu halten, sind gute Arbeitsbedingungen.
Dafür machen wir uns stark:
- Unterstützung der Fachkräftevermittlung durch die Stadt
- mehr und spezifischere Angebote für Aus- und Fortbildung
- Eingliederungsmaßnahmen für Flüchtlinge in Arbeit und den „Spurwechsel“
für Menschen mit dem Aufenthaltsstatus „geduldet“
- größere Anstrengungen zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in Arbeit
- gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Bezahlung nach Tarif in städtischen
Einrichtungen und Unternehmen ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Die
Potsdamer Grünen setzen sich z.B. dafür ein, dass die Gehälter der
nichtärztlichen Beschäftigten im Klinikverbund in mehreren Stufen so
ansteigen, dass Vergütungsverbesserungen bis hin zur Rückkehr in den VKA-
Tarifverbund bis Ende der Wahlperiode umgesetzt werden.
Kommunale Unternehmen stärker steuern und mehr
Partizipation der Bürger*innen ermöglichen
Klar ist: Die Landeshauptstadt Potsdam braucht leistungsfähige kommunale
Unternehmen, um ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen zu können. Notwendige
Investitionen zur Zukunftssicherung müssen langfristig gesichert werden; dazu
gehören auch der Klimaschutz, die langfristige Wahrung der Wasser- und
Luftqualität und die Umsetzung eines schadstoffvermeidenden Mobilitätskonzepts.
Entsprechend muss ein haushaltsverträgliches Beteiligungsmanagement für die
öffentlichen Unternehmen im Besitz der Stadt konzipiert sein.
Die Stadt muss geeignete Strukturen schaffen, um die verantwortliche politische
Steuerung auf die strategische Entwicklung der städtischen Unternehmen
sicherzustellen. Zusätzlich zum vorhandenen Einfluss der
Stadtverordnetenversammlung durch ihre Beschlüsse, die die Stadtverwaltung und
die städtischen Unternehmen binden, und durch die Kontrolle durch die von ihr
entsandten Vertreter in den Aufsichtsräten der Unternehmen (mit
Verschwiegenheitspflicht) ist es auch erforderlich, die Steuerung durch die
Stadt als Gesellschafter der Unternehmen strukturell zu stärken. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN setzen sich dafür ein, das Beteiligungsmanagement deutlich aufzuwerten.
Angesichts der hohen finanziellen und sozialen Verantwortung für die
Daseinsvorsorge der Bürger*innen ist die in der Verwaltung angesiedelte
Beteiligungssteuerung mit hochqualifiziertem Personal mit Expertise im
Qualitätsmanagement aufzuwerten und mit klaren Rahmenbedingungen für eine
erfolgreiche, nachhaltige, an Gemeinwohlziele gebundene kommunale Wirtschaft
auszustatten. Gleichzeitig müssen hier die Vereinbarungen mit Transparency
International umgesetzt und sollten zusätzliche Transparenz und (auch
wirtschaftliche) Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger*innen geschaffen
werden, z.B. bei der städtischen Energiewende durch Beteiligungsmöglichkeiten in
Form von attraktiveren Klimafonds und die Ermöglichung von Bürger*innen-
Energiegenossenschaften.
Dafür machen wir uns stark:
- schnellstmögliche Rekommunalisierung sowohl der EWP als auch der STEP zur
Vermeidung von Zielkonflikten zwischen privaten gewinnorientierten
Gesellschafterinteressen und denen der langfristig und am Gemeinwohl
orientierten öffentlichen Hand, sowohl bei wirtschaftlich indizierten
Umstrukturierungen als auch bei strategischen Zukunftsentscheidungen, zum
Beispiel über Investitionen
- Verbesserung des Beteiligungsmanagements durch die Stadt, v.a. durch
klarere Formulierung und Durchsetzung städtischer Zielvorgaben bei den
Beteiligungsunternehmen
- Orientierung an den Ergebnissen aus dem soeben abgeschlossenen BSC-
Verfahren (Balanced Scorecard)
- personelle Stärkung und Aufwertung des Beteiligungsmanagements zu einem
Bereich „Beteiligungssteuerung“
- mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger*innen.
- weitere Bekämpfung und Vermeidung von Korruption, auch durch Ausbau der
Zusammenarbeit mit Transparency International, deren Mitglied die
Landeshauptstadt Potsdam auf bündnisgrüne Initiative wurde